Die neuen Nachbarn
Wie eine Szene aus einem schlechten Gruselfilm: gerade möchte man den Rolladen an der Terrassentüre schließen, da erkennt man zwei leuchtende Augen in der Dunkelheit. Sie kommen näher und plötzlich steht er unmittelbar vor dem Haus; ein Fuchs. Kaum ist der erste Schreck verdaut, folgen weitere Gedanken: "Was soll ich denn jetzt tun, muss ich das melden, wie ist das mit Tollwut oder dem Fuchsbandwurm? Kann ich meine Kinder noch unbesorgt im Garten spielen lassen oder könnten sie sich irgendwie anstecken? Und was ist mit unseren Haustieren, greift er vielleicht auch unsere Katze an?
Diese und viele andere Fragen hört Katharina Mößmer von der Unteren Jagdbehörde im Landratsamt oft. Gerade im Frühjahr rufen täglich mehrere besorgte Bürgerinnen und Bürger bei ihr an und oft schwingt regelrecht etwas Panik oder Sorge in der Stimme mit. Routiniert und fachlich versiert versucht sie die Anrufer zu beruhigen, denn Angst braucht niemand zu haben. Dazu gehört auch ehrlich zu sein, denn meist ist der Mensch nicht ganz unschuldig am Besuch von Meister Reineke im eigenen Hausgarten.
Man merkt relativ schnell: ein besonders gutes Image hat er nicht, der Fuchs. Kein Wunder, denn schon in Märchen und Fabeln wurde ihm oft genug die Rolle des Bösewichts zugeteilt. Gern wird er gar als hinterhältig und listig dargestellt. Und auch heute noch bringt man mit ihn erstmal mit heimtückischen Krankheiten, verschwundenen Kleintieren oder teuren Wildunfällen in Verbindung. Abgesehen davon: "Der Fuchs gehört doch in den Wald!", so die landläufige Ansicht. Dass er bei uns im Garten den Komposthaufen durchwühlt, von der Terrassentüre aus frech ins Wohnzimmer schaut oder die dreckigen Turnschuhe vor der Haustüre verschleppt, wirkt „unnatürlich“ und besorgniserregend. Fakt ist aber, Fuchs und Mensch treffen immer häufiger aufeinander und das Verhältnis ist zuweilen nicht ganz konfliktfrei.
Der Fuchs kommt ans Buffett
Füchse gelten als sogenannte Kulturfolger, ähnlich wie Marder oder Ratten schätzen sie die Nähe zu uns Menschen nicht aus Sympathie, sondern schlicht aus Eigennutz. Sie gelangen durch uns viel leichter an Nahrung. Angezogen durch das reichhaltige und abwechslungsreiche Nahrungsangebot in unseren Mülltonnen, gelben Säcken, Obst in den Gärten oder Futterschalen für die Haustiere, erscheint das Leben in unserer Nähe deutlich angenehmer als im Wald und Feld stundenlang einem Hasen hinterher laufen zu müssen. Unterschlupf finden sie auf verwilderten Grundstücken oder Friedhöfen und begeben sich insbesondere abends und nachts auf Nahrungssuche.
Und auch wir nähern uns seit Jahrzehnten mehr und mehr dem bisherigen Lebensbereich des Fuchses. Neubaugebiete, Straßenbau und auch das geänderte Freizeitverhalten bringen uns immer näher zusammen. Im ländlichen Bereich gab es schon immer Konflikte, insbesondere wenn sich der Fuchs am Geflügelbestand bedient oder ungesicherte Hasenställe plündert. Um der überproportionalen Vermehrung entgegenzuwirken, ist nach dem Bundesjagdgesetz die Jagd auf Füchse legitimiert, was den Fuchsbestand in ganz Deutschland jährlich um rund 400.000 dezimiert. Jeder erlegte Fuchs muss der Unteren Jagdbehörde gemeldet werden. So registrierte das Landratsamt Starnberg zuletzt knapp 700 Füchse im vergangenen Jahr. Wobei hier eine andere Zeitrechnung herrscht, denn ein Jagdjahr ist nicht identisch mit dem Kalenderjahr, es beginnt am 1. April und endet mit dem 31. März.
Einziger Feind: das Auto
In und um Ortschaften muss der Fuchs primär nur den motorisierten Menschen fürchten. Jährlich verlieren hier im Landkreis rund 80 Füchse im Straßenverkehr ihr Leben. Mehr Feinde hat der Fuchs allerdings nicht, was ihm das Leben in der Nähe der Menschen durchaus angenehm macht. Fachfrau Katharina Mößmer vom Landratsamt hat Verständnis: „Wenn man das erste Mal einen lebendigen Fuchs sieht und das auch noch im eigenen Garten, kann ich die Besorgnis nachvollziehen. Hier können wir aber beruhigen. Der Fuchs ist zwar neugierig, aber auch sehr scheu und wird bei einer Konfrontation mit einem Menschen schnell die Flucht ergreifen. Auch um Hunde und Katzen macht er lieber einen großen Bogen. Wer irgendwo einen Fuchs gesehen hat, braucht uns das nicht zu melden. Sollte er jedoch ein auffälliges Verhalten zeigen, krank oder gar verletzt sein, sollten Polizei oder Landratsamt informiert werden, wir werden es an den zuständigen Jäger weitergeben“. Was die gefürchteten Krankheiten wie Tollwut oder auch dem Fuchsbandwurm angeht, haben wir alle wichtigen Fakten in einem gesonderten Info-Kasten unten zusammengefasst.
Geburtsort: neben der Garage
Nicht ungewöhnlich ist, dass Füchse sogar in unmittelbarer Nachbarschaft zu Menschen ihren Nachwuchs bekommen. Hier beweist der Fuchs eindrucksvoll, wie tolerant, flexibel und anpassungsfähig er sein kann. Dies muss man gemäß dem Tierschutzgesetz zumindest von März bis Juni auch hinnehmen und darf die Tiere während der Aufzucht ihrer Jungen nicht stören. So niedlich spielende Fuchskinder sein mögen, Füchse sind Wildtiere, auch wenn sie auf Social Media gerne mal als kuscheliges Haustier dargestellt werden. Daher gilt: gezieltes Anlocken vermeiden, das Füttern von Wildtieren ist nach dem Jagdgesetz verboten.
Warum kommt der Fuchs und was kann ich dagegen tun?
Es gibt eigentlich nur drei Gründe warum der Fuchs bei Ihnen im Garten vorbeischaut:
- Sie haben etwas Leckeres zu fressen
- Sie bieten ihm einen gemütlichen Unterschlupf oder Spielmöglichkeiten
- Ihr Garten liegt einfach strategisch günstig um von A nach B zu gelangen
Wer kennt es nicht; mal schnell den stinkenden Biomüll oder die heiß gelaufenen Sneakers vor die Türe gestellt, die Katze soll auch tagsüber nicht verhungern und bekommt einen Outdoor-Napf oder die übervolle Restmülltonne lässt sich nicht mehr schließen. So schaffen Sie paradiesische Zustände für Füchse, denn Schuhe sind, gerade für Jungtiere, ein beliebtes Spielzeug und werden manchmal sogar mitgeschleppt. Und wenn dazu auch noch Snacks gereicht werden, dürfte der nächste Besuch bereits vorprogrammiert sein. Vorbeugung ist relativ einfach. Gestalten Sie Ihren Garten für Füchse so unattraktiv wie möglich. Das bedeutet insbesondere, keine offenen Futterquellen anzubieten, gerade Katzen-, Igel- oder auch Vogelfutter ziehen Füchse magisch an. Gleiches gilt für offene Komposthaufen, Mülltonne oder Wertstoffbehälter: einfach Deckel drauf oder wegsperren. Auch Fallobst nicht liegen lassen sondern regelmäßig einsammeln.
Geräusche und Licht, wie etwa durch eine regelmäßig eingeschaltete Außenbeleuchtung, empfinden Füchse auch als ziemlich unangenehm. Und wenn ihr Garten über dies auch keine Unterschlupf- oder Spielmöglichkeiten bietet, wird Familie Reinecke wohl kaum zu Besuch kommen.
Im Fachjargon springt man von „Vergrämung“ und dies wird in sogenannten „befriedeten Gebieten“ wie Wohnsiedlungen und Parks auch die einzige Möglichkeit sein, den ungebetenen Gast wieder loszuwerden, denn die Jagd mit Schusswaffen ist aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt. Lediglich Lebendfallen dürfen zum Einsatz kommen, was aber beim „schlauen“ Fuchs nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Dazu kommt, dass ein frei werdendes Revier sofort von einem neuen Fuchs besetzt werden würde.
Der Fuchs ist in unseren Städten und Dörfern kaum mehr wegzudenken. Warum sollte er auch im Wald bleiben, wenn sich die Nahrungssuche mühsam gestaltet, wo ihm doch das Leben bei uns in den Ortschaften ein derart abwechslungsreiches Buffett bietet? Aber mit Respekt und umsichtigem Verhalten dürfte ein friedliches Zusammenleben gelingen.
Infos zu Fuchsbandwurm & Co.
Der Fuchs gilt immer noch als Träger diverser gefährlicher Krankheiten und Parasiten, wie der gefürchteten Tollwut und dem Fuchsbandwurm. Doch hier zeichnen die Fakten ein eindeutiges Bild: der letzte bestätigte Tollwutfall in Bayern wurde im Jahr 2001 dokumentiert, Bayern gilt nach der WHO seit 2008 offiziell als tollwutfrei. Dennoch finden regelmäßige Untersuchungen von verhaltensauffälligen Füchsen statt, um Tollwut als Todesursache auszuschließen. Die Gefahr einer Ansteckung ist daher mehr als unwahrscheinlich. Realistischer ist das Risiko, sich mit dem Fuchsbandwurm zu infizieren, meist indirekt über die eigenen Haustiere oder bei der Gartenarbeit über den Kot des Fuchses.
Hier sind vorbeugende Maßnahmen relativ einfach:
- Hunde und Katzen regelmäßig entwurmen
- nach der Arbeit im Garten die Hände waschen
- Obst, Gemüse, Beeren und Pilze nur gründlich gewaschen verzehren
Und dass man einen toten Fuchs besser nicht mit bloßen Händen anfasst, dürfte sich von selbst verstehen. Aber Panik ist auch bezüglich des Fuchsbandwurm nicht angebracht. Dass dieser bei Menschen die gefürchtete Krankheit Alveoläre Echinokokkose auslöst, ist relativ selten. Die Zahl der Fälle liegt seit Jahren auf einem niedrigen Niveau, 2023 registrierte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel lediglich sechs Fälle in ganz Bayern.
Ungefährlicher und behandelbar, aber durchaus unangenehm sind Räude und Staupe sowie einer Vielzahl von Parasiten, die ebenfalls auf Haustiere und dadurch auch auf Menschen übertragbar sind. Beste Vorbeugungsmaßnahme ist regelmäßiges Entwurmen von Hunden und Katzen!
Nähere Informationen zum Fuchsbandwurm gibt`s auf der Webseite des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittel zum Fuchsbandwurm (LGL).
Zitate -Sorgen verständlich, Angst unbegründet-
„Neubausiedlungen, Straßenbau oder Gewerbegebiete, wir Menschen rücken immer näher an den ursprünglichen Lebensraum der Tiere heran. Und auch unsere Freizeit wollen wir ganz selbstverständlich im Wald und in den Bergen verbringen. Daher werden wir uns auch immer häufiger begegnen und zumindest die Füchse haben sich längst daran gewöhnt. Sie sind beeindruckend anpassungsfähig und folgen uns wegen des reichhaltigen Nahrungsangebots, das wir ihnen bieten. Ich kann aber gut verstehen, dass man ihn nicht unbedingt in seinem Garten haben möchte. Aber „einfach erschießen“ geht natürlich nicht, auch einfangen und aussetzen wäre nicht wirklich effektiv. Ein frei werdendes Revier wird umgehend von einem anderen Fuchs übernommen.“
Katharina Mößmer (Fachbereich Jagdwesen im Landratsamt)
„Kein Grund zur Panik, niemand braucht Angst vor einem Fuchs zu haben! Respekt vor den Tieren und etwas Umsicht, mehr braucht es gar nicht, um gut miteinander auszukommen. Wenn Überpopulation verhindert wird, hat auch die Verbreitung von Krankheiten deutlich weniger Chancen. Mit nur geringem Aufwand kann jeder einzelne dafür sorgen, dass man dem Fuchs gar nicht erst anlockt: Haustiere nicht im Freien füttern, Kleintiere einsperren, den Komposthaufen abdecken, Mülltonnen geschlossen halten, Fallobst aufsammeln und schon wird der Garten aus Sicht des Fuchses deutlich unattraktiver. Mein Geheimtipp: reichlich Hundehaare verstreuen! Am besten von verschiedenen Hunden, das vertreibt selbst den anhänglichsten Fuchs."
Markus Ortner (Berufs-Jäger und 2. Vorsitzender Kreisjagdverband Starnberg)