Ein Flascherl Sicherheit
Ein leerer Steg bei feinstem Sommerwetter dürfte ein wahrlich seltener Anblick in unserer Gegend sein. Denn schon in den frühen Morgenstunden sichern sich die ersten Sonnenanbeter die besten Plätze auf Steg und Liegewiese, auch das Wasser gehört nicht mehr allein den Enten. "Am schönsten ist der See am frühen Morgen", da sind sich alle Frühschwimmer einig. An Badeplätzen herrscht bei uns sicherlich kein Mangel. Egal, ob man es lieber ruhig und naturnah liebt oder Trubel und Annehmlichkeiten eines Freibades bevorzugt: jeder finden in unserem Landkreis sein Lieblingsfleckerl.
Und einer kennt sie alle. Bei den Strandbädern darf er in erster Reihe parken und am Eingang wird lediglich mit einem freundlichen „Grüß Gott“ bezahlt. Denn als Hygienekontrolleur beim Gesundheitsamt überwacht Gerhard Galdia die Badewasserqualität und das an 36 verschiedenen Badestellen.
Jeden Monat in der Badesaison von Mai bis September, checkt er an acht Stellen in der Würm und an 28 beliebten Badeplätzen an unseren Seen das Wasser. Insbesondere zur Ferienzeit und an den Wochenenden treibt es – gefühlt – halb München zum Baden an unsere Gewässer und auch viele Urlauber stranden gerne in der Region StarnbergAmmersee. Für viele Einheimische spielt sich das Freizeitleben im Sommer sowieso primär in und am See ab und wer gar in Seenähe wohnt, kommt gleich im Bademantel, um sich mal kurz abzukühlen. Bei derart vielen Wasserratten sollte schon jemand die Qualität des Badewassers im Blick behalten.
Wie läuft eine Badewasserüberprüfung eigentlich ab?
Dazu nimmt uns unser „Wassermann“ vom Gesundheitsamt am besten einmal mit. Weil der ganze Landkreis an einem einzigen Tag gar nicht zu schaffen ist, wird die Überprüfung auf zwei Routen aufgeteilt. Wir haben uns für die Strecke rund um den Starnberger See sowie entlang der Würm entschieden. Ammersee, Pilsensee, Wörthsee, Weßlinger See und Gilchinger See (den kennen sicherlich auch nicht alle Landkreisbewohner) werden auf der zweiten Tour untersucht.
Die Mission beginnt am Ostufer in Berg, von dort arbeiten wir uns über Percha-Kempfenhausen, Starnberg, dem Paradies in Possenhofen, dem Seebad Feldafing bis zur Endstation im Tutzinger Südbad durch. Im Anschluss zurück nach Starnberg, wo die Würm vom Gewerbegebiet beginnend bis zum Bergerweiher in Krailling in acht Etappen beprobt wird.
Aber was genau wird im Wasser eigentlich gesucht?
Es sind exakt zwei Übeltäter, die in Badegewässern in möglichst geringen Konzentrationen vorkommen sollen: E. coli und intestinale Enterokokken, beides Darmbakterien und ein Hinweis darauf, dass es zu einer fäkalen Verunreinigung gekommen ist. Klingt nicht nur sehr unschön, diese Bakterien können auch gesundheitlich bedenklich sein. Ins Wasser kommen sie beispielsweise durch Wasservögel oder Abschwemmungen in Zuläufen nach Starkregen.
Die 18 Entnahmestellen am Starnberger See und der Würm müssen alle mit dem Pkw angefahren werden. „Da kommen locker 160 Kilometer zusammen und die vielen Umleitungen und Baustellen kosten zusätzliche Zeit“, berichtet Galdia. Vor Ort angekommen wiederholt sich stets die gleiche Choreographie: Kofferraum auf, mit einer vorbereiteten, beschrifteten Flasche sowie einer speziellen Teleskopstange ausrüsten und ab zur Entnahmestelle. Teilweise ist die erst nach einem längeren Fußmarsch zu erreichen. Die meisten der Entnahmestellen am Starnberger See verfügen über einen Steg, aber wenn dieser nicht vorhanden ist, kommen die hüfthohen Gummistiefel zum Einsatz und es geht direkt ins Wasser, damit die Proben nach den gesetzlichen Vorgaben entnommen werden können.
Im Übrigen bedeutet „Wasserproben entnehmen“ deutlich mehr, als einfach nur Wasser ins Fläschchen füllen: keinesfalls dürfen Deckel oder Flasche nach dem Öffnen und während der Probenahme innen berührt werden, um das Ergebnis nicht zu verfälschen. Auch das nähere Umfeld wird zuvor genauestens beäugt, um möglichst alle Störfaktoren auszuschließen: sind Wasservögel in der Nähe oder war gerade jemand beim Schwimmen hier? Letzteres lässt sich durch die nassen Fußspuren auf dem Steg noch einige Minuten nachverfolgen. Auch die Sichttiefe wird bei der Beprobung gemessen und festgehalten.
Die wichtigste Frage der Badegäste
Auch wenn werktags am Morgen noch kein besonders reges Treiben am Wasser herrscht, so trifft man durchaus fast überall auf einige Badefreunde, die die Ruhe und das glasklare Wasser am Vormittag genießen. Manche beobachten still aus sicherer Entfernung, aber Interessierten werden natürlich gerne ihre Fragen beantwortet. „Am häufigsten wollen die Leute wissen, wie viel Grad der See heute hat“, lacht Gerhard Galdia. Gestört fühlt sich niemand, eher im Gegenteil: „Man ist schon sehr beruhigt, dass das Amt hier regelmäßig kontrolliert. Wir sind ja bei schönem Wetter jeden Tag im Wasser und haben daher ein gutes Gefühl, dass alles sauber ist“, so einer der Badegäste vom Tutzinger Südbad.
Im Anschluss an jede Probenentnahme taucht der Kontrolleur ein weiteres Mal ab und zwar in sein mobiles Büro im Kofferraum des Dienstwagens. Denn noch an Ort und Stelle werden diverse Daten in den vorbereiteten Formularen festgehalten, die Wasserprobe in einem speziellen Koffer verstaut und gleich alles für die nächste Probe vorbereitet.
Nach rund sechs Stunden sind zwar alle 250 ml Flaschen gefüllt, aber Zeit für eine Pause gibt es nicht, da diese schnellstmöglich zur Untersuchung ins Labor müssen. Das geschieht direkt im Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit -kurz LGL- in Oberschleißheim.
Hier wird es am Ende nochmal sportlich, denn der Koffer mit fast fünf Kilo Wasserproben und Formularen muss durch das riesige Areal des LGL bis zum zuständigen Labor getragen werden.
Nun heißt es: abwarten, bis die Proben untersucht sind und uns die Ergebnisse mitgeteilt werden. Bereits drei bis vier Tage später können wir alle Zahlen auf unserer Webseite einstellen und veröffentlichen. Wie fast immer, lautete auch dieses Mal das Ergebnis: „Ohne Beanstandung.“
Zu finden sind alle Werte und Informationen auf unserer Webseite unter www.lk-starnberg.de/badegewässerqualität
Gerhard Galdia, Gesundheitsamt Starnberg
Weitere Infos zur Badegewässerqualität
Badegewässer können aus unterschiedlichen Quellen verunreinigt werden. Insbesondere aus Abwasser- oder Mischwassereinleitungen sowie aus Abschwemmungen von landwirtschaftlichen Flächen können fäkale Verunreinigungen in die Badegewässer gelangen
Die Wasserqualität in Badegewässern wird zum Schutz der Badenden von den zuständigen Gesundheitsämtern während der Badesaison von Mai bis September regelmäßig in einem Abstand von vier Wochen überwacht. Die Überwachung erfolgt in Bayern gemäß EU-Badegewässerrichtlinie 2006/7/EG und bayerischer Badegewässerverordnung (BayBadegewV). Dabei wird das Ausmaß der fäkalen Verunreinigung durch den Nachweis bestimmter Darmbakterien (E. coli und intestinale Enterokokken) festgestellt. Die Badegewässer erhalten eine Qualitätseinstufung: von ausgezeichnet über gut bis ausreichend und mangelhaft.
EU-Badegewässerrichtlinie
Die Qualität der EG - Badegewässer in Deutschland wird seit der Badesaison 2008 gemäß der novellierten europäischen Badegewässerrichtlinie überwacht.
Deutschland berichtet jährlich über die Qualität der Badegewässer in der vorangegangen Badesaison an die Europäische Kommission nach Brüssel. Die Berichte von allen EU-Mitgliedstaaten werden zusammengefasst und von der Europäischen Kommission mit anderen Informationen als sogenannter Badegewässeratlas herausgegeben.
Grundlage für die Überwachung der Badegewässer in den Ländern sind die entsprechenden Landesverordnungen, mit denen die 16 Bundesländer die EG-Richtlinie über die Qualität der Badegewässer umgesetzt haben. Die in der Richtlinie festgelegten Grenz- und Richtwerte sind von den Mitgliedsstaaten einzuhalten. Die Untersuchung der Gewässerproben erfolgt mehrmals während der Badesaison nach einem zuvor festgelegten Überwachungszeitplan. Zusätzlich ist auch eine Untersuchung kurz vor Beginn der Badesaison vorzunehmen. Das geschieht im Landkreis Starnberg regelmäßig meist Anfang Mai.
Die Überwachung der Badegewässer umfasst nach der Badegewässerrichtlinie zwei Parameter. Diese Indikatorparameter zeigen eine mikrobiologische Verunreinigung der Badegewässer mit dem Risiko des Auftretens von Krankheitserregern an. Durch Bakterien und Viren können unter anderem Durchfall und Erbrechen ausgelöst werden. Besondere Risiken bestehen dabei für Kinder, ältere Menschen und Personen, deren Immunsystem beeinträchtigt ist.