Feldgeschworene und ihre Geheimnisse
Ältestes Ehrenamt auf Lebenszeit
Die Feldgeschworenen, auch als „Ehrenamtliche Vermessungshelfer“ bekannt, spielen eine zentrale Rolle bei der Abmarkung von Grundstücken und der Sicherstellung der Flurordnung. Ihre Arbeit ist nicht nur wichtig für die Verwaltung, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger, die auf eine klare und gerechte Flurordnung angewiesen sind. Als „Zeugen der Abmarkung“ unterschreiben sie im Anschluss das Vermessungsprotokoll, welches vom Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, erstellt wird. Das Amt der Feldgeschworenen hat eine lange Tradition. Es ist das älteste Ehrenamt und es wird auf Lebenszeit ausgeübt, was bedeutet, dass die Feldgeschworenen eine langfristige Verantwortung für ihre Gemeinde übernehmen.
Als erste Frau in traditioneller Männerdomäne
Brigitte Lenker aus Buchendorf wurde im Jahr 2019 als Feldgeschworene vereidigt. Damit ist sie damals die erste Frau im Landkreis Starnberg gewesen, genau genommen in der Gemeinde Gauting, die dieses ehrenvolle Ehrenamt ausüben darf. Inzwischen ist sie nicht mehr die Einzige. Dieses Ehrenamt bietet spannende und abwechslungsreiche Tätigkeiten, die für die Gemeinschaft von großer Bedeutung sind. Brigitte Lenker zeigt, dass es möglich ist, in einem solchen Umfeld erfolgreich zu sein und gleichzeitig die eigene Identität und Stärken einzubringen. Sie ist damit sicher für viele Frauen ein Vorbild und ein inspirierendes Beispiel für alle, die sich für ein Ehrenamt interessieren.
Familie und Ehrenamt – eine Herausforderung
Die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt ist oft eine Herausforderung, die viele Ehrenamtliche kennen.
Brigitte Lenker hat es geschafft, Familie und Engagement unter einen Hut zu bringen. Sie betont, wie wichtig es ist, Unterstützung im persönlichen Umfeld zu haben, um die Anforderungen beider Bereiche erfolgreich zu meistern. Ihr Engagement zeigt, dass es möglich ist, auch mit einem vollen Terminkalender einen wertvollen Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten.
Die Entscheidung, Feldgeschworene zu werden, kam für sie nicht über Nacht. Es wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. Ihr Vater, der dieses Ehrenamt Jahrzehnte lang vertrauensvoll ausübte, vererbte ihr die Passion. Natürlich hat sie auch eine Leidenschaft für die Natur und das Interesse an der Flurordnung hat sie inspiriert. Zudem wurde sie von ihrem Vater und anderen Feldgeschworenen ermutigt, sich zu engagieren. Ihre Geschichte zeigt, dass es oft die kleinen Anstöße und die Unterstützung von Gleichgesinnten sind, die Menschen dazu bringen, sich ehrenamtlich zu engagieren.
Das Geheimnis um die „Siebener“
Die Bezeichnung „Siebener“ hat bei den Feldgeschworenen eine besondere Bedeutung. Sie steht für die Anzahl der Feldgeschworenen, die in einer Gemeinde zuständig sind. Diese Gruppe ist traditionell für die Mithilfe von Vermessungen und die Sicherstellung der Grenzen von Grundstücken verantwortlich. Die Zahl Sieben symbolisiert somit nicht nur die Gemeinschaft dieser Ehrenamtlichen, sondern auch die Tradition und die historische Bedeutung ihrer Arbeit in der Landvermessung.
In früherer Zeit verwendeten die Feldgeschworenen sogenannte „Siebener Geheimnisse“. Es handelte sich hierbei um Zeichen, welche in einer bestimmten Anordnung unter oder neben dem Grenzpunkt angebracht wurden. Es wurden Tonmarken, Glasscheiben oder Kohlestücke verwendet, also Materialien, welche unvergänglich waren. Die Verwendung solcher Zeichen dient dazu, die Integrität und die rechtlichen Aspekte von Grundstücksgrenzen zu wahren und Missverständnisse zu vermeiden. Heute werden diese „Siebener Geheimnisse“ nur noch in wenigen Regionen von den Feldgeschworenen verwendet.
Wer mehr über das älteste Ehrenamt und die Aufgaben der Feldgeschworenen wissen möchte, kann gerne unter: www.ldbv.bayern.de/vermessung/feldgeschworene/ nachlesen.
Gerade sind wieder zwei Feldgeschworene für ihre langjährige ehrenamtliche Tätigkeit ausgezeichnet worden. Wir haben uns gefragt, was machen Feldgeschworene eigentlich, und haben uns daher mit Brigitte Lenker, Feldgeschworene in der Gemeinde Gauting, zum Gespräch getroffen. Wie bei Ortsterminen häufig auch, sind ebenfalls der Leiter des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (ADBV) Landsberg Andreas Schäffler und die Leiterin der Außenstelle in Starnberg Monika Vogl mit dabei.
Frau Lenker, Sie sind die erste Frau in unserem Landkreis, die das traditionsreiche Ehrenamt der Feldgeschworenen ausübt. Was hat Sie dazu bewegt, sich für diese Aufgabe zu engagieren?
Lenker: Ich bin so „neigrutscht“ über meinen Vater. Ja, es lag quasi in der Familie. Mein Vater hat es an mich weitergegeben. Ich kenn das ja nicht anders. (lacht) Da bei uns in der Nachbarschaft oft vermessen wurde, habe ich mitgeholfen, und dann bin ich gleich verdonnert worden.
Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach, dass sich mehr Frauen in traditionellen Ehrenämter wie diesem engagieren?
Lenker: Es ist generell wichtig, sich für die Gemeinschaft einzubringen. Denn die Arbeit muss gemacht werden. Aber natürlich muss man in der Lage sein, und man muss es wollen. Für Nachwuchs ist gesorgt … Aber noch sind meine Kinder zu klein. (schmunzelt sie)
Was bedeutet Ihnen dieses Ehrenamt persönlich?
Lenker: Ich mach es sehr gerne. Also mit Herzblut. Es ist ein sehr wertschätzendes Ehrenamt.
Wie wurden Sie von Ihren Kollegen aufgenommen?
Lenker: Ich bin in Buchendorf mehr oder weniger alleine. Seit 2019 bin ich offiziell Feldgeschworene. Da wurde ich von der Gemeinde vereidigt. Inzwischen gibt es ja auch schon ein paar Frauen in diesem Ehrenamt. Man ist ein Team. Man muss auf alle Fälle fit und körperlich in der Lage sein schwere Gegenstände zu tragen, auch mal weitere Strecken, zum Beispiel wenn wir im Wald vermessen und nicht direkt davor parken können. Und man muss in den Dreck rein langen wollen.
Viele Menschen wissen gar nicht genau, was Feldgeschworene eigentlich tun. Können Sie es kurz erklären?
Lenker: Feldgeschworene kümmern sich im Beisein der Vermessungsbeamten um die Grenzen in den Gemeinden und setzen erkennbar
Grenzsteine oder andere Abmarkungszeichen. Dieses Ehrenamt ist eine Vertrauenssache! Wir sind quasi Mittler zwischen den Behörden und Bürgern und helfen mit, den Grenzfrieden zu sichern. Als „Zeuge der Abmarkung“, unterschreibe ich das im Anschluss vom Vermessungsbeamten gefertigte Protokoll. Ich habe etwa zwei Einsätze im Vierteljahr in meiner Gemarkung, und helfe auch mal in Gauting aus.
Wie läuft so ein Einsatz als Feldgeschworene ab?
Lenker: Meist sind wir in einem Team aus etwa drei bis vier Personen vor Ort. Auf dem zu vermessenden Grundstück werden die neuen oder wiederherzustellenden Grenzpunkte abgesteckt. Wenn diese lagerichtig sind werden die neu zu setzenden Grenzpunkte rechtwinklig ausgelegt, so dass sie lagerichtig gesetzt werden können. Man gräbt dann das Loch und setzt den Grenzstein rein. Der neu gesetzte Grenzpunkt wird mit dem Vermessungsgerät (Tachymeter) noch einmal koordinatenmäßig überprüft, um die Lagerichtigkeit sicher zu stellen.
Es sind zwar jedes Mal ähnliche Abläufe, aber es kommt doch immer auf die Situation an. Auf alle Fälle ist es ein Miteinander, und es wird vorher besprochen, was zu tun ist. Für mich sind die Abläufe vertraut, da ich ja als Kind oft mit meinem Vater mitgegangen bin. Im Laufe der Zeit hat sich jedoch einiges verändert.Die Technik wird anders und moderner. Vieles geht schneller und erleichtert die Arbeit, und die Grenzsteine werden heute teilweise schon mit GPS Geräten über Satelliten gesucht.
Braucht es da gewisse Sicherheitsvorkehrungen?
Schäffler: Das Vermessungsamt macht in regelmäßigen Abständen Informationsveranstaltungen, wenn neue Feldgeschworene kommen. Da geht es um Themen: Wie ist der Ablauf einer Vermessung? Worauf sollte man achten? Wie sieht es mit der Haftung aus und natürlich Schutz und Sicherheit.
Dies wird immer kurz vor den Einsätzen gemacht und wird im Rahmen einer Fortbildung weitergegeben. Die Kleidung, wie Sicherheitsschuhe, Leuchtjacken für die Straßenvermessungen und Handschuhe sowie das notwendige Arbeitsmaterial, wie Schaufeln und ähnliches werden von der Gemeinde zur Verfügung gestellt.
Gab es Einsätze oder Situationen, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Lenker: Keine Vermessung ist gleich. Wenn man im Wald ist, hängt man sich schon mal in die Äste oder in die Büsche rein. Da ist man um jede Hand dankbar.
Vogl: Es gab in Leutstetten einmal „Toteislöcher“. Da hat der Boden leicht nachgegeben und der Kollege ist mit seinem Gummistiefel stecken geblieben (lacht). Mit Hilfe seines Kollegen musste er wieder rausgezogen werden. Ja, da hat man den Dreck im Schachterl.“
Was sollte man mitbringen für diese Tätigkeit?
Lenker: Körperlich fit sollte man sein und wetterfest. Eine Vermessung kann schon mal mehr als vier Stunden dauern. Es werden oft viele Kilometer zurückgelegt, deshalb sollte man gut zu Fuß sein. Und man muss es gerne machen und keine Angst vor Dreck haben.
Ich schaue was gebraucht wird und muss schnell handeln und entscheiden, Grenzstein oder Schlagmark. „Und man sollte genau und zügig arbeiten,“ merkt der Chef, Herr Schäffler schmunzelnd an.
Und zum Abschluss noch eine Frage, Frau Lenker. Haben Sie einen besonderen Wunsch oder eine Botschaft, die Sie jungen Menschen mit auf den Weg geben möchten, wenn es um Engagement und Ehrenamt geht?
Lenker: Ja, dass sie etwas für die Gesellschaft machen. Es ist ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander. Man profitiert von einem Ehrenamt und kann für sein eigenes Leben sehr viel mitnehmen.
