Bei Hitze gehen sie in die Luft – Unterwegs mit den Flugbeobachtern vom Stützpunkt Oberpfaffenhofen
Es ist heiß hier am Flughafen Oberpfaffenhofen. Der heißeste Tag des Jahres -bisher. Die Hitze ist auch der Grund für unseren Flug heute: Waldbrandgefahr der Stufe 5, die höchste Risikostufe. Auf Anordnung der Regierung von Oberbayern hat die Katastrophenschutzbehörde im Landratsamt den Auftrag für den Luftbeobachtungsflug erteilt.
An diesem heißen Spätnachmittag empfangen uns Stützpunktleiter Christoph Fürst und Jochen Thorn der uns heute als Pilot mit auf seinen Beobachtungsflug nehmen wird. Neben ihm im Flugzeug wird der Chef der Katastrophenschutzbehörde im Landratsamt, Thomas Laven, als Beobachter sitzen. Kurzfristig musste er, weil kein anderer Luftbeobachter verfügbar war, einspringen.
Der Flug am späten Nachmittag hat seinen Sinn, weil sich in dieser Zeit die Luft am meisten aufgeheizt hat und die Waldbrandgefahr damit am höchsten ist. Zuvor wird das Flugzeug im Hangar aber nochmal gründlich gecheckt, anschließend aufgetankt und dann kann es auch schon losgehen. Piloten-Headsets und Käppi auf, Glasdach schließen, Propeller anwerfen und ab geht’s aufs Rollfeld.
Wir hoffen sehr, dass der Flug nicht ganz so schlimm wird, wie angekündigt. „Die heiße Luft bringt meist auch arge Turbulenzen mit sich. Das wird dann nicht einfach für Pilot und Beobachter“, warnt uns Jochen Thron und erklärt uns beiläufig, wo die Spucktüten zu finden sind. Naja, jetzt ist es auch schon zu spät für einen Rückzieher.
Jochen Thron fliegt seit rund 8 Jahren für die Luftrettungsstaffel. Ein erfahrener Mann also. Wir fliegen heute die Route C – Flugroute „Charlie“, sie führt uns über die Region StarnbergAmmersee hinweg Richtung Hohenpeißenberg und weiter in die Landkreise Landsberg, Dachau und Fürstenfeldbruck.
Es ist 16:50 als wir mit der Diamond Star, ein kleiner, einmotoriger Viersitzer abheben. Wir hören das Motorengeräusch, das durch die Kopfhörer zum Glück arg gedämpft wird, es ist heiß, die Sonne brennt durch das Glasdach. Fenster auf und Durchzug wie beim Auto wäre jetzt schön, geht aber verständlicher Weise leider nicht. Bereits zu Beginn sind wir froh um unsere Kopfbedeckung und die kleine Trinkflasche, die wir auf Anraten des Pilots mitgenommen haben.
Thomas Laven checkt nochmal sein Funkgerät, mit dem er mit der Leitstelle oder den Einsatzkräften am Boden direkt verbunden ist. Wenn ein Brand entdeck wird, muss es ja schnell gehen.
Bereits 12 Mal sind sie in diesem Jahr zur Beobachtung „ausgerückt“. „Das ist relativ häufig“, erklärt uns Jochen Thron. Dabei muss man anmerken, die Piloten fliegen ehrenamtlich. Lediglich die Kosten für Wartung, Betankung etc. der Maschinen werden durch Pauschalen abgedeckt.
Ein Ehrenamt also und wie so häufig: alles andere als ein leichter Job. Uns fällt es bei der Hitze in diesen Tagen ja schon schwer im überhitzten Büro konzentriert unserer Arbeit nachzugehen, aber hier oben ist das nochmal eine ganz andere Herausforderung: Höchstleistung für Pilot und Beobachter, denn sie wissen, hier darf nichts ungesehen bleiben.
Von Oberpfaffenhofen aus geht es wie in Schlangenlinien zwischen den beiden Seen in Richtung Süden, dann rüber nach Herrsching. Unter uns sehen wir den Ammersee in leuchtendem Blau und die Großbaustelle des neuen Gymnasiums in Herrsching. Ein herrlicher Ausblick. Doch der Pilot holt uns schnell aus dem Schwärmen, schließlich sind wir nicht auf einem Freizeitrundflug hier oben, sondern um mögliche Waldbrände zu sichten und schnellst möglich zu melden.
Pilot und Beobachter schauen also immer wieder aufmerksam nach links und nach rechts, mit besonderem Auge auf die Wälder, die es unter uns auf dem Weg nach Tutzing zur Genüge gibt.
Wir fliegen sehr niedrig, in 300 bis 400 Meter über dem Boden. „Damit haben wir die nötige Sicht, um Brandherde gut zu erkennen“, so Jochen Thron.
Von hier oben erkennt man aber nicht nur Brandherde, sondern auch Sturmschneisen oder starken Borkenkäferbefall in den Wäldern. Auch das wird notiert, im anschließenden Protokoll vermerkt und an die zuständigen Stellen, wie Forstämter weitergegeben. Bis jetzt ist „feuermäßig“ zum Glück alles ruhig und so erhaschen wir trotz aller Konzentration auf dem weiteren Flug Blicke auf den Hohen Peißenberg, das Schloss Neuschwanstein und den Marienmünster in Dießen.
Doch plötzlich kommt etwas Unruhe auf. Hinter einem Wald wirbelt eine Rauchsäule in die Höhe. Schwer zu erkennen, aber ja, da qualmt es. Der Pilot schwenkt ab und steuert den möglichen Brandherd an. Erst ganz von der Nähe ist zu erkennen, dass es sich um den Ausstoß eines landwirtschaftlichen Fahrzeuges beim Feldeinsatz handelt. Entwarnung also. Erst jetzt fällt uns auf, wie schwer es von hier oben ist, tatsächliche Brände zu identifizieren. Von oben und der Entfernung war nur der Rauch, das Fahrzeug aber nicht zu erkennen.
Es geht weiter bis kurz vor Augsburg und eine ganze Weile entlang der ICE-Strecke Augsburg-München wieder zurück Richtung Oberpfaffenhofen.
Zum Glück war an diesem Nachmittag nichts Ernsthaftes zu vermelden und wir landen nach etwa eineinhalb Stunden Flug wieder sicher auf dem Sonderflughafen in Oberpfaffenhofen. Bei uns kommt aber noch eine weiter Freude dazu: Der Flug war entgegen aller Vorhersagen ruhig, ohne größere Turbulenzen und so blieben die Spucktüten unbenutzt in der Maschine liegen.
Die Luftbeobachter der Luftrettungsstaffel
Die Luftbeobachtungflüge in Bayern werden von der ehrenamtlichen Piloten der Luftrettungsstaffel Bayern e.V. durchgeführt. 31 Stützpunkte gibt es in Bayern, einer davon ist seit 2017 auf dem Sonderflughafen in Oberpfaffenhofen beheimatet. Aufgabe der Katastrophenschutzbehörde im Landratsamt ist es, die Flüge zu organisieren. Aktuell hat die Staffel am Standort Oberpfaffenhofen 6 Flugzeuge, 20 Piloten und 5 Luftbeobachter.
Für diese Einsätze sind Einsatzpiloten und Luftbeobachter speziell ausgebildet. Aufgabe ist es, Waldbrände möglichst frühzeitig zu erkennen, die Brandstelle zu lokalisieren und dies der integrierten Leitstelle per Funk zu melden. Mit den Informationen aus der Luft kann die Staffel die Feuerwehren bei Anfahrt und Löscheinsatz unterstützen.
Das sind aber nicht die einzigen Aufgaben der Luftbeobachter. So übernehmen sie Flüge zur Beobachtung und Erfassung in den Bereichen Umwelt- und Naturschutz, sowie Denkmalschutz, unterstützen bei der Vermisstensuche oder auch im Katastrophenfall, wie beispielsweise bei Hochwasserlagen.
