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Geschichte des Landkreises

Der Landkreis

Ammersee

Der Landkreis Starnberg ist ein besonders schönes Stück des bayerischen Oberlandes. Das Gebiet zwischen Starnberger See und Ammersee mit der Alpenkette im Süden und der Stadt München im Norden bietet auch heute noch eine beeindruckende Lebens- und Landschaftsqualität. Freilich hat der Siedlungsdruck seine Spuren hinterlassen. Die Belastungen der attraktiven Naherholungszone sind, zumal am Wochenende, weder zu übersehen noch zu überhören. Aber die Entwicklung ist in einem relativ verträglichen Rahmen abgelaufen. Ein offensichtliches Element ist weiterhin die Natur.

Es ist das abwechslungsreiche und vielfältige Bild des Voralpenlandes, das sich hier entfaltet hat. Faszinierend sind die scheinbaren Gegensätze auf engstem Raum: Die dichten Waldgürtel, die sich über ein Drittel des Landkreises Starnberg erstrecken und sanft gewellte Wiesen, der herbe Eiszeitdurchbruch ins romantische Würmtal und der leichte, südlich getönte Blick von der Ilka-Höhe bei Tutzing über den See, Moränenhügel und kaum zugängliche Moore. Von keinem Punkt des Landkreises aus braucht man länger als zehn Minuten, um zu einer ausgedehnten Wanderung aufbrechen zu können. Das heißt auch, dass jede der mittlerweile 14 Gemeinden wie eine gut versorgte Wohninsel in der Landschaft liegt.

Die Orte und Dörfer in dem ehemals reinen Bauernland haben sich enorm ausgeweitet. 1855 lebten hier etwa 11 000 Menschen, heute sind es 121 000. Die einmalige Lage hat schon immer für Bewegung gesorgt. Bereits um 1900 klagte ein Chronist, daß an keinem der bayerischen Seen in den "letzten Dezenien so viele neue Ansiedlungen, Villen usw. entstanden sind". Auffällig ist in dem Zusammenhang das früh einsetzende, allerdings nicht immer erfolgreiche Bemühen, die Belastungsgrenzen nicht zu überdehnen. Vielfach ist das gelungen, in Unterbrunn etwa, in Frieding, in Machtlfing oder Farchach. Selbst in Gauting und in Starnberg, wo ein beachtlicher Einwohnerzuwachs zu verarbeiten war, sind ursprünglich Strukturen noch erkennbar. Vor allem aber und viel wichtiger: Eine seelenlose Massenarchitektur in Form von Wohn-Gettos ohne Grün und Garten hat sich nur vereinzelt breitgemacht.

Äußerst zurückhaltend ging der Landkreis bei der Ansiedlung größerer Firmenkomplexe vor. So ist eine Zersiedelung mit ihren zerstörerischen Folgen vermieden worden. Dafür sorgt auch der Natur- und Landschaftsschutz, der drei Viertel des Landkreises erfasst. Als Wilhelm Heinrich Riehl 1855 durch diese Gegend wanderte, hatte er das Gefühl, "dass ... noch sehr viel Platz sey". Das hat sich geändert. Es kommt kaum mehr zu größeren Baulandausweisungen. Der Bestand, da sind sich die Kommunalpolitiker einig, muss gesichert, die Natur geschont werden.

Der Landkreis mit den bayerischen Rauten, dem Löwen und dem Adler der Grafen von Andechs im Wappen hat als vergleichsweise kleiner Landkreis in Bayern dennoch eine herausgehobene Position. Bayern at its best, sagen die Amerikaner, Bayern von seiner besten Seite: Die Seen und das Kloster von Andechs, die düster-melancholischen Geschichten über König Ludwig in Berg und die prunkvoll ausgestatteten Kirchen, Biergärten und Berge im Hintergrund, und natürlich der Sport auf, im und neben dem Wasser. Dieses ländliche, historisch und kulturell angereicherte Ambiente verbindet sich mit einer Weltläufigkeit, die sich über Jahrhunderte hinweg im milden Vorstadtklima und in der Verbindung zu den politischen und wirtschaftlichen Aktionszentren mit einem eigenen Charme herausgebildet hat. Das hat und hatte Folgen.

Es begann recht behutsam. So verlagerte sich im 17. und 18. Jahrhundert ein Teil des höfischen Lebens an den Starnberger See. Künstler entdeckten die Idylle vor den Toren der Stadt. Münchner Bürger kamen nicht nur als Urlauber und Ausflügler. Sie ließen sich hier nieder. Der reiche Bestand an denkmalgeschützten Häusern geht in erster Linie auf diese Zeit zurück. Die beschauliche Sommerfrische von damals ist einem Fremdenverkehr gewichen, der sich in über 400 000 Übernachtungen pro Jahr niederschlägt.

Der Landkreis mit einem der höchsten Millionärs-Anteile pro 10 000 Einwohnern steht durch seine außergewöhnliche Lage unter einem doppelten Leistungszwang: Die widerstreitenden Interessen der einheimischen Bevölkerung und der Freizeitgäste müssen so ausgependelt werden, dass das Land keinen Schaden nimmt. Da hat der Platz, an dem die Kreisentscheidungen fallen, fast symbolischen Charakter.

Das Landratsamt in Starnberg mit seinen luftigen, zweigeschossigen Pavillons wirkt modern. Es spiegelt eine sympathische Dynamik wider. Die Nähe zum See und zur Natur wird bewusst betont durch offene Höfe und Wasserflächen, durch Schilf und Gartenanlagen.

Architekt Eiszeit

Gebirge

In der hügeligen Moränenlandschaft des Landkreises wechseln Nadel- und Laubwälder mit landwirtschaftlichen Grünfluren und Äckern ab. Eingebettet sind darin neben den zwei großen Seen einige kleinere, nicht minder reizvolle Seen sowie viele Weiher und Moore. Von Norden nach Süden spannt sich der Landkreis über eine Strecke von 35,1 Kilometer, von Osten nach Westen sind es 22,7 Kilometer. Vom tiefsten Punkt im Ampermoos in der Gemeinde Inning von 533 Meter erhebt sich das Fünfseenland bis zu 750 Meter im Berndorfer Buchet bei Obertraubing. Wo auch immer wir uns befinden, wir sind mit dem Ergebnis faszinierender erdgeschichtlicher Prozesse konfrontiert. In Millimeter- Phasen hat sich über Millionen von Jahren hinweg der Boden aufgebaut, auf dem wir heute leben. Die Natur entfaltete auf wechselndem Untergrund das ganze phantastische Spektrum ihrer Möglichkeiten. In einem vorwiegend subtropischen Klima wucherten einst Schlingpflanzen und wuchsen Palmen. Durch die sumpfigen Wälder krochen - vor etwa drei Millionen Jahren - Schildkröten oder es holten sich Mastodonten ihre Blätternahrung von den Bäumen. Erst einige hunderttausend Jahre liegt die Zeit zurück, in der eine karge und morastige Tundra die Heimat von Tieren und Pflanzen war, von Höhlenbären und Schneemäusen, von Steppensträuchern und Kräutern.

Entscheidend für die Bildung der Landschaft waren das Tertiär (65 Millionen bis 2,5 Millionen Jahre vor unserer Zeit) - in dem die Alpen entstanden - und die Eiszeiten (700 000 Jahre bis 10 000 Jahre), die unsere Landschaft formten. Die Wiege der Eiszeitforschung befand sich im Landkreis Starnberg. Es waren unter anderem die Forschungen über die Würm, die Albrecht Penck und Eduard Brückner um die Jahrhundertwende (1901-1909) zu ihrer Theorie über die Eiszeiten veranlaßten. Diese Theorie besitzt bis heute wissenschaftliche Gültigkeit.

Dort, wo sich die Alpen erheben, erstreckte sich zunächst ein Binnenmeer mit dolomitischen und kalkigen Ablagerungen auf dem Grund. Nur vereinzelt ragten Spitzen dieser Steinschicht aus der riesigen Wasserfläche heraus. Durch Bewegungen und Umschichtungen im Erdinnern brach der Grund auf und spaltete sich. Die Gesteinsmassen wölbten und formten sich zu neuen, bizarren Einheiten und wuchsen empor: Die Alpen entstanden. Das Profil des Landes vor den Alpen veränderte sich. In den Mulden bildeten sich Süßwasserseen, in denen die Flüsse Sand, Geröll und feines Material ablagerten (Flinz).

Den Feinschliff bekam das Alpenvorland im großen Eiszeitalter. Auslöser war das Wechselspiel der Temperaturen. In Mitteleuropa sanken sie und lagen um 10 Grad unter dem jetzigen Wert. Durch die Kälte ist immer mehr Wasser in einer dicken Eisdecke gebunden worden. Die Berge vergletscherten. Die Gletscher eroberten wie ein gewaltiger Polyp aus Eis von den Höhen herab das Land. Sie schleppten Gesteinsmassen mit sich und türmten sie am Ende ihres langen Weges auf. So ergab sich das charakteristische Bild der Moränenlandschaft.

Die Forscher nennen für das Alpengebiet sechs oder sieben eiszeiten, die von wärmeren Peroden unterbrochen wurden. Das ist insofern wichtig, als es neben den Gletschern auch das Schmelzwasser war, das die Landschaft prägte. Die letzte, die Würmeiszeit (115 000 bis 10 000 Jahre) war für die Starnberger Gegend entscheidend. Ihre Zeugen sind der Starnberger See und der Ammersee. Gletscher hatten die beiden Becken ausgehobelt, in die dann Schmelzwasser floss.

Nach der Eiszeit stauten sich die Wassermassen und suchten einen Abfluß über die Wälle der Endmoränen, beispielsweise im Würmtal. Kleinere Seen im Landkreis haben eine andere, aber auch mit der Eiszeit verbundene Biografie. Von der Gletscherzunge abgeschnittene Eisblöcke blieben lange als "totes Eis" liegen und kamen erst später zum Abschmelzen. Schotter rutschte in die nun entstehenden Kessel nach, die sich dann mit Wasser füllten. Ein Beispiel: Der Weßlinger See.

Nachdem die Gletscher verschwunden waren, konnte sich die Vegetation entwickeln. Zwergsträucher, Flechten und Moose machten sich zunächst auf dem Moränenschotter breit. Vor ungefähr 10 000 Jahren setzte die Bewaldung ein, mit Kiefern und Birken, später mit Buchen, dem typischen Baum der Endmoräne.

Die Wannen und Furchen zwischen den Hügeln des Moränengebietes füllten sich ebenfalls mit Wasser, was an seichten Stellen bals zur Vermoorung führte. Solche Hochmoore sind verschiedentlich noch anzutreffen bei Aschering, Machtlfing und Erling. Wo die Verlandung nicht so weit fortgeschritten ist, haben sich kleine Seen erhalten, der Wörthsee, der Pilsensee, der Maisinger See und der Eßsee bei Erling. Dieser Moorweiher liegt auf dem Gelände des durch den Nobelpreisträger Konrad Lorenz bekanntgewordene Max-Planck-Institutes für Verhaltensforschung.

Vom Einbaum zur Römerstraße

Starnberger See

Im Herbst 1986 war der Leiter der Archäologischen Tauchergruppe Bayern westlich der Roseninsel bei Feldafing fündig geworden. Während einer Absuchaktion für die Pfahlbau-Forschung im Starnberger See hatte Hubert Beer im Flachwasser einen teilweise von Seekreide bedeckten Einbaum gesichtet. Aber des dauerte noch bis Ende November 1989, bis der 13 Meter lange Einbaum mit einem komplizierten Verfahren geborgen wurde. Der Aufwand hat sich gelohnt. Es ist das älteste und längste Boot, das je in Bayern gefunden wurde, und - mit seinem Alter von ca. 2500 Jahren - ein einzigartiges handwerkliches Dokument früher Ansiedlung im Starnberger Kreis. Tatsächlich scheint die Roseninsel das erste Ziel der Menschen gewesen zu sein. Zwischen 3500 und 2000 v. Chr. dürften sich hier Steinzeitsiedler niedergelassen haben. Auf der Insel fanden sie nachts Schutz vor wilden Tieren und Überfällen, während sie tagsüber auf dem Festland sammeln konnten. Eine frühzeitliche Besiedlung, das belegen einige gut erhaltene Hügelgräber-Felder, erfolgte außerdem ab 1700 v. Chr. bis 15 v. Chr. im Bereich der Würm. Kurz vor Beginn der christlichen Zeitrechnung kamen Keltenstämme, die die ersten Waldrodungen vornahmen. Zu dieser Zeit entstanden die bis heute geheimnisvoll gebliebenen Schanzen, bei denen es sich vermutlich um Kultstätten handelt. Besonders gut erhalten ist die Viereckschanze in Buchendorf.

Um 15 v. Chr. zogen die Römer über die Alpen und brachten das ganze Gebiet bis zur Donau unter ihre Kontrolle. Mit ihnen hielt die Zivilisation Einzug. Sie hatten eine entwickelte Sprache, waren geschickte Handwerker und Landwirte, versierte Händler und erfahrene Straßenbauer.

Gauting liegt am früheren Kreuzungspunkt von zwei wichtigen Reichsstraße (Salzstraße bzw. Heeresstraße). Die ehemalige Route Salzburg-Augsburg führte die Armeen und Händler südöstlich von Buchendorf auf das Starnberger Gebiet, das sie über Gauting, Argelsried, Gilching, Steinlach passierten. Die zweite Römerstraße zog sich von Bregenz kommend an Pähl vorbei über Erling, Landstetten, Perchting und Mühltal nach Gauting zur Trasse Salzburg-Augsburg. Wie die Ausgrabungsfunde belegen, haben die Römer im Fünfseenland gut gelebt. Überall fand man Reste von Villen und Landhäusern. Bei Gauting muss sich eine römische Ansiedlung befunden haben mit einer öffentlichen Therme, einem Lager- und Gerichtsgebäude, einer Töpferei und einem Rasthaus mit schon damals beheiztem Fußboden.

170 nach Christus fielen die Alemannen ein. Das römische Bratananium (Gauting) dürfte aber erst 350/80 n. Chr. weitestgehend zerstört worden sein.

Die einsetzende Völkerwanderung brachte Unruhe. Die Hunnen überrannten das Land, die Germanen drängten von Norden und von Osten über den Limes in die römischen Provinzen. 476 brach das Weströmische Reich unter dem Ansturm zusammen. Die römischen Truppen zogen sich nach Süden hinter die Alpen zurück und hinterließen ein herrenloses, wenn auch nicht unbewohntes Gebiet, das sich zunächst im Dunkel der Geschichte verlor. Später aber, in der Mitte des 6. Jahrhunderts, meldeten sich die Bajuwaren, ein vermutlich aus Böhmen eingewanderter germanischer Stamm. Sie kolonisierten beharrlich und selbstbewusst ein Land, von dem der Urvater der bayerischen Historiker, Johannes Aventinus (1477 bis 1534), sagt: "Nirgends lebt und liegt man besser". Sie fanden Gefallen an dem welligen Landstrich zwischen den Seen, mit dem Blick auf die imposante Kette des Karwendel- und Wettersteingebirges. Reihengräber und Hochäcker - schmale, aber bis zu 100 Meter lange, vom Pflug aufgeworfene Beete - berichten über die Siedlungsaktivitäten der Bajuwaren. Und es sind die auf "-ing" endenden Orte, die auf die Anwesenheit dieses Stammes deuten. Meist sind sie von einem Personennamen abgeleitet: Gauting, Tutzing, Machtlfing, Feldafing, Erling, Maising, Perchting, Herrsching, Oberalting, Inning, Weßling, Gilching, Krailling, um nur einige, größere zu nennen. Sie waren aktiv, die Bajuwaren, sie dachten in ökonomischen Kategorien und waren praktisch veranlagt. Wälder wurden gerodet, bis ins Jahr 900, und Ackerflächen angelegt. Die Macht- und Einflußgrenzen markieren jetzt die Grafschaften. Kirche und Adel wurden zu entscheidenden Faktoren. Im Ammerseegebiet sind die Huosi bald ein bedeutendes Adelsgeschlecht. Der Name Huosigau für das Land um Starnberg, Dießen und Weilheim ist heute noch ein fester Begriff im Brauchtum.

Im 6. Jahrhundert verbreiteten schottische und irische Wandermissionare ihre Botschaft. Die ersten Klöster entstanden in Benediktbeuern und Wessobrunn.

Das nächste historische Kapitel schrieben die Andechser. Es handelt von einem beispiellosen Aufstieg und einem späteren vernichtenden Machtverlust. 1157 wird erstmals eine Burg Andechs urkundlich erwähnt. Den Namen Andechs erhielt die Wehranlage auf hohem Fels von den Grafen von Dießen, die um 1080 in diesem Ammerseeort und darauf in Andechs ihre Stammburg hatten. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts übernahmen die Grafen den Namen Andechs. Bald schon zählten die Andechser zu den mächtigsten Dynastien des Mittelalters. Immenser Grundbesitz bildete die Grundlage ihres Imperiums, das Klöster, Bauern und Gefolgsleute mit ihrem wirtschaftlichen Ertrag abstützten. Von ihrer stolzen Stammesburg aus mischten sie in der großen Politik am Kaiserhof mit und warfen ihre Einflußnetze über Istrien, Meranien und Burgund. Die Andechser beherrschten das Seengebiet aber nur etwas mehr als ein Jahrhundert lang (1130 bis 1248). Zunehmend mussten sie sich gegen die Wittelsbacher wehren. Als aufgrund einer Privatrache König Philipp vom Pfalzgrafen Otto v. Wittelsbach getötet wurde, bezichtigte man die Andechser der Beihilfe. Anfang 1209 gerieten sie so unter Acht und Aberacht, was ihnen Hab und Gut und das Recht auf Leib und Leben nahm.

Weder der im Jahre 1228 verstorbene Markgraf Heinrich IV. Noch sein zwanzig Jahre später verstorbener Neffe Herzog Otto von Meranien hinterließen Erben. Somit starb das Andechser Geschlecht in der männlichen Linie aus.

Die Wittelsbacher kommen

Weßlinger See

Die Wittelsbacher übernahmen im 13./14. Jahrhundert ein Land, das ihnen ganz besonders gefiel und in dem sie ihre Vorstellungen verwirklichen konnten. Organisatorisch steckten sie den Rahmen des heutigen Landkreises ab. Das Areal im Würmtal wurde mit dem Andechser Grund verbunden. Im Landgericht Pähl-Weilheim hatte die landesherrliche Gewalt einen zentralen Anker. Ab 1346 residierten die Richter auf Burg Starnberg, wo sich auch das Seegericht von Starnberg befand.

Kirche, Adel und Landesherr waren vom 14. bis zum 19. Jahrhundert die wichtigsten Grundbesitzer. Der größte Teil, nämlich die Hälfte der bäuerlichen Anwesen im Raum Starnberg, befand sich mit den Klöstern Benediktbeuern, Dießen, Andechs und Schäftlarn im Besitz der Kirche. An zweiter Stelle rangierte der Adel, und erst auf Rang drei in der Besitzerskala erschien der Landesherr. Etwa 10 Prozent aller Anwesen gehörten den Gemeinden, und über ganze 1,75 Prozent des Grundes durften allein die Bauern verfügen.

Die Wittelsbacher haben diesem Landkreis ihren Stempel aufgedrückt. Schlösser, Anwesen und Landsitze vermitteln einen Eindruck von jener bodenständigen Sinnesfreude, die sie hier auslebten. Der blaue Himmel, ein lauer Föhnwind, das satte Grün der Wiesen und die unbeschwerte Leichtigkeit einer Landschaft, die so südlich nur in Bayern erscheint: Kein Zweifel, die Wittelsbacher haben die Sommerfrische entdeckt, höfischer Tourismus, aber in erlauchter Gesellschaft. Der Starnberger See wird zum Vergnügungszentrum der Fürsten von Bayern. Kurfürst Ferdinand Maria (er regierte von 1651-1679) lässt für seine prunkliebende Gattin Henriette Adelheid von Savoyen den "Bucentaur" bauen, eine 20 000 Gulden teure Kopie des Krönungsschiffes der venezianischen Dogen. Man kreuzte über den See, umgeben von einer Lustflotte von 17 Schiffen. Insgesamt 2000 Menschen waren bei solchen Fahrten unterwegs. Der "Bucentaur" tat 97 Jahre seinen Dienst, bis er aufgrund zu hoher Reparaturkosten eingemottet wurde.

Von dem Schiff aus betrieb man eine besonders grausame Art der Jagd. Das Wild wurde aus dem Wald ins Wasser gejagt. Von einem Boot aus ist es erschossen oder mit Hirschfängern abgestochen worden. Jedesmal, wenn der Fürst ein Tier niederstreckte, spielte die Kapelle einen Tusch. Auch bei der Vermählung des Kurprinzen Karl Albrecht mit der österreichischen Kaisertochter Marie Amalie im Oktober 1722 wurde ein Hirsch über eine Waldschneise ins Wasser getrieben. Vom Schiff aus beobachteten die Gäste, wie Hunde das arme Tier zu Tode hetzten und es dann von Gondolieren am Geweih an Land geschleppt wurde, wo es verendete. Die Kurprinzessin bekam ein abgehacktes Bein.

Im 19. Jahrhundert baute sich im Gefolge der napoleonischen Kriege und der daraufhin einsetzenden Reformen der moderne bayerische Staat auf. Dazu einige wichtige Daten:

1803: Durch die Säkularisation verliert die Kirche den größten Teil ihres Grundbesitzes, etwa die Hälfte der Bauern wechselt den Grundherrn.

1820: Die Bildung der Städte und Gemeinden als selbständige kommunale Einheiten ist abgeschlossen.

1862: Die bisher einheitlich im Landgericht zusammengefassten Hoheitsfunktionen von Gericht und Verwaltung werden getrennt. Starnberg behält das Landgericht, das ab 1879 Amtsgericht heißt. Es muss aber die Verwaltungsaufgaben an das Bezirksamt München links der Isar abgeben. Durch "aller höchste Verordnung" des Prinzregenten Luitpold von Bayern wird schließlich am 1. Oktober 1902 das Münchener Bezirksamt aufgelöst und in Starnberg und Wolfratshausen jeweils ein selbständiges Bezirksamt errichtet. Es fasst 40 politische Gemeinden auf dem Gebiet des heutigen Landkreises Starnberg zusammen, der ab 1939 auch so bezeichnet wird. Im Zuge der Gebietsreform 1972 kamen die Gemeinden Bachhausen und Höhenrain aus dem aufgelösten Landkreis Wolfratshausen zum Landkreis Starnberg. Dieser musste durch die Gemeindegebietsreform 1978 dennoch eine wesentliche Korrektur hinnehmen: Die Zahl der Gemeinden reduzierte sich von ursprünglich 42 auf 14, auf die Stadt Starnberg und die weiteren 13 kreisangehörigen Gemeinden.

 

Fünf Seen und viele Wälder

See

Das Fünf-Seen-Land ist altes, bayerisches und bäuerlich geprägtes Siedlungsland. Vorgegebene Zentren gab es nicht, sieht man einmal von der Anlaufstelle Starnberg an der Nordspitze des Sees ab. Ansonsten säumten Fischerdörfer die Ufer. Kleine Orte mit kaum mehr als 200 Einwohnern lagen im Bereich zwischen den fünf Seen. Überall wurde Landwirtschaft betrieben. Selbst die Tatsache, dass es zu einer auffallenden Massierung von Wallfahrtszielen gekommen war, blieb für die Dörfer ohne erkennbare Konsequenzen. 1388 entstand der Name "Heiliger Berg" - Andechs war mit seinen reichen Schätzen und Reliquien neben Aachen und Trier der größte Wallfahrtsort in Deutschland. Die Gläubigen pilgerten auch zu der Höhe von Aufkirchen, nach Grünsink in die grüne Senke zwischen Weßling und Etterschlag und nach Maria Eich im Würmtal.

Bei einer Beurteilung des geographischen Nutzungsprofils im Landkreis fällt auf, dass der strukturelle Grundaufbau die Jahrhunderte ganz gut, wenngleich mit vielen schmerzhaften Einschnitten überdauert hat. 15 Prozent des Gesamtgebietes sind bebaut - und das bei einem Bevölkerungsschub, der die Einwohnerzahl von 65 000 im Jahr 1950 auf nun 121 000trieb. Die Einwohnerentwicklung hat sich unter anderem auch in einem Bestand von 90 600 Kraftfahrzeugen niedergeschlagen. Über Amper und Würm fließen die Gewässer des Kreises der Isar und damit der Donau zu. Die meisten Bäche münden nicht direkt in einen der beiden Flüsse, sondern streben oft über Schluchten und Gräben den Sammelbecken Starnberger See und Ammersee zu. Maler und Poeten waren die ersten und sensibelsten Bewunderer der Schönheit dieser Seen.

Karl Valentin sah das jedoch aus einem sehr eigenwilligen Blickwinkel: "Der Starnberger See selbst ist melancholisch, was bei anderen Seen stets meistens auch immer hie und da sehr oft der Fall ist."

Wasser ist Ernährungsquelle, Lebensraum für Pflanzen und Tiere, ein unerlässlicher Bestandteil jeder Lebensform. Eine ähnliche existentielle Bedeutung kommt dem Wald zu. Er ist Klimaregulator und Wasserspeicher, Frischluftreservoir und Schmutzfilter, ein Schutzraum für gefährdete Pflanzen und Tiere und natürlich ein Wirtschaftsfaktor. In den Wäldern des Landkreises werden jährlich 50 000 Festmeter Holz geschnitten.

"Starrend vor Wald, entstellt durch Sümpfe", so lernten laut Tacitus die Römer das Land kennen. Das ganze Gebiet war mit Laubwäldern überzogen, mit Eichen, Hainbuchen, Buchen, Erlen und Eschen. Doch im Mittelalter wurden viele Wälder zu einem Weideforst für das Vieh umfunktioniert oder, weil man Holz brauchte, extrem gerodet. Der Wald verkam, der Boden wurde ausgelaugt. Im 19. Jahrhundert war dann das schnelle Holz gefragt, anspruchslos, robust und gut verwertbar. Die Nadelhölzer traten ihren Siegeszug an, Fichten, Tannen, Kiefern, Lärchen wurden auf dem Moränenboden hochgezogen. Zu 77 Prozent bestimmen sie die Wälder. Heute laufen Umwandlungsprogramme, aber das braucht Zeit. Die Fichtenwälder auf den Standorten der Schotterebene werden zu rund 40 Prozent mit Eichen, Linden, Hainbuchen, Buchen und anderen Laubbäumen verjüngt. Die verheerenden Orkane Vivian und Wiebke vom Frühjahr 1990 haben die Aktion insofern forciert, als auf den zerstörten Flächen fast nur noch Laubhölzer gepflanzt werden. Es ist eine gewaltige Aufgabe, die im Lebensinteresse aller geleistet werden muss, zumal die Luftschadstoffe auch den Bäumen im Landkreis Starnberg schlimm zusetzen.

An zwei Stellen lässt sich beobachten, wie der Wald unkontrolliert und ohne Eingriffe lebt. Dort bleibt die Natur sich selbst überlassen. Ein Waldreservat gibt es im "Seebuchet" bei Landstetten, das andere im Weiherbuchet zwischen Mühltal und Gauting.

 

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